Frühe Kindheit und Bewegung
Kindliche Bewegungsaktivitäten werden vor allem in sportpädagogischen und kindheitsbezogenen Diskursen als natürliche Grundbedürfnisse postuliert und als individuelle Handlungs- und Ausdrucksformen des Kindes bilanziert. Die im Kontext von kindlicher Bewegung als wertvollinterpretierten Entwicklungs- und Bildungspotenziale werden wiederum zur Norm erhoben und fungieren als Referenz sportpädagogischer Bemühungen in der (institutionellen) Praxis.
Die allgegenwärtige und geläufige Rede (in Theorie und Praxis) über die ‚hohe Wirkkraft‘ von Bewegung und Sport im Kindesalter überdeckt dabei die Tatsache, dass Kindern in ihren Lebenswelten sehr unterschiedliche bewegungsbezogene Erfahrungsmöglichkeiten und damit Teilhabechancen eröffnet werden. Der Vortrag fokussiert – auf der Basis empirischer Studien – auf eben diese soziale Bedingtheit von kindlichen Bewegungsaktivitäten. Unter ausgewählten Perspektiven nimmt er alltägliche familiale und andere institutionale Praktiken, Logiken etc. in den Blick, reflektiert die jeweils (sozial) eröffneten Lerngelegenheiten und verdeutlicht dabei die Notwendigkeit, den Diskurs über „Kindheit und Bewegung“ aus der üblichen individuums- und entwicklungszentrierten Perspektive herauszulösen und das Themenfeld unter dem Fokus der sozialen Praktiken zu schärfen.
Prof. Dr. Ina Hunger ist Professorin für Sportpädagogik und -didaktik an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie forscht seit vielen Jahren zu kindheits- und schulbezogenen Themen. Seit 2016 ist sie aktuell stellvertretende Direktorin des Centrums für Geschlechterforschung in Göttingen und war von 2013 bis 2017 Vizepräsidentin der dvs.