13:15 Uhr
Leisten Beschäftigte mit mikropolitischen Ambitionen weniger?
Nora Schütte, Uni Bonn
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Autor:innen:
Nora Schütte, Uni Bonn
Janis Heupel, Uni Bonn
Gerhard Blickle, Uni Bonn
Fragestellung
Im Anschluss an Mintzberg (1983) gelten politische Ambitionen von Organisationsmitgliedern vielen in Forschung und Praxis als suspekt, da sie angeblich zu manipulativem, rücksichtslosem und egoistischem Handeln führen. Dabei wird übersehen, dass es nicht nur selbst-, sondern auch fremddienliche politische Absichten gibt. Wir gehen außerdem davon aus, dass politischen Fertigkeiten und ein Klima für Eigeninitiative wichtige Moderatoren der Wirkung politischer Ambitionen auf die von anderen eingeschätzte Arbeitsleistung sind.
Untersuchungsdesign
In einem multi-source Design wurden 161 Kollegentripel anhand hierarchisch moderierter Regressionsanalysen untersucht. Die Zielpersonen gaben Selbsteinschätzungen ihrer mikropolitischen Ambitionen ab. Je zwei Kollegen beurteilten das Klima für Eigeninitiative sowie die politischen Fertigkeiten und die Arbeitsleistung der Zielperson.
Ergebnisse
Es zeigen sich signifikante Interaktionseffekte von mikropolitischen Ambitionen mit politischen Fertigkeiten und dem Klima für Eigeninitiative. Wie erwartet wirken sich die Ambitionen am Arbeitsplatz nur dann negativ aus, wenn das Klima als wenig eigeninitiativ förderlich wahrgenommen wird und der Zielperson geringe politische Fertigkeiten zugeschrieben werden.
Limitationen
Das querschnittliche Design lässt keine Kausalitätsbeurteilung zu. Das multi-source Design schwächt jedoch common-source Effekte ab.
Theoretische/Praktische Implikationen
Wie theoretisch erwartet wirken sich politische Ambitionen nur bei geringen politischen Fertigkeiten und einem Klima, das wenig Eigeninitiative zulässt, negativ auf die berufliche Leistung aus. Im Gegensatz zu Mintzbergs Einschätzung sind politische Ambitionen in Organisationen also per se nicht negativ, sondern als neutral zu beurteilen.
Relevanz/Beitrag
Es handelt sich um eine der ersten Studien überhaupt, die das Konstrukt mikropolitischer Ambitionen und seine Bedeutung am Arbeitsplatz empirisch untersucht und mit Arbeitsleistung in Verbindung setzt. Die pauschal negative Bewertung politischer Absichten erweist sich als unangemessen.
13:35 Uhr
Wie Bedrohungen und Unterstützung auf Voice-Verhalten wirken
Diana Boer, Universität Koblenz-Landau
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Autor:innen:
Diana Boer, Universität Koblenz-Landau
Johannes Leder, Universität Hildesheim
Fragestellung: Das Äußern von Vorschlägen, die Arbeitsabläufe oder Produkte verbessern können ist ein wichtiges organisationales Verhalten: das sogenannte Voice-Verhalten. Jedoch entscheiden sich Mitarbeiter oft, ihre Vorschläge nicht zu äußern, auch wenn sie dazu ermutigt werden. Ein Grund dafür sind die Risiken und Bedrohungen, die mit Voice verbunden sind. Daher gehen wir der Frage nach, wie Bedrohungen die mit Voice einhergehen, auf die Wahrscheinlichkeit wirken, Voice-Verhalten zu zeigen und ob Voice-Support die Bedrohungseffekte abfangen kann.
Untersuchungsdesign: In drei Experimenten mit unterschiedlichen Designs (Online & Labor, Szenario & Verhalten) untersuchten wir (a) den Einfluss von Bedrohung (vs. Nutzen vs. Kontrollbedingung) auf Voice-Verhalten und (b) die moderierende Rolle von Support auf den Bedrohungseffekt.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass Bedrohungen einen konsistent negativen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit Voice-Verhalten zu zeigen haben. Zudem zeigen sich komplexe Interaktionseffekte: Support kann die negativen Effekte von Bedrohungen abfangen, jedoch kommt es auf die Art der Bedrohung (individuell vs. sozial) an. Bei gegebenem individuellem Nutzen von Voice (aber nicht bei sozialem) ist kein Support mehr notwendig.
Limitationen: Die Experimente wurden mit Studierenden durchgeführt, daher können die Ergebnisse nicht auf Arbeitnehmerpopulationen übertragen werden.
Theoretische/Praktische Implikationen: Unsere Studie zeigt, dass in bedrohlichen Situationen besonders viel Voice-Support notwendig ist. Darüber hinaus kann der Schluss gezogen werden, dass ein Framing bezüglich des individuellen Nutzens von Voice förderlich für Voice-Verhalten sein kann.
Relevanz/Beitrag: Motivationen und Prädiktoren von Voice und Silence wurden in der bisherigen Forschung ausführlich betrachtet, jedoch hängt die Entscheidung zu Schweigen oft von situationellen Bedingungen ab. Unsere Studie trägt eine systematische und umfangreiche experimentelle Manipulation von diesen Bedingungen bei und bietet Hinweise für Unterstützung und Framing von Voice.
13:55 Uhr
Konstruktiv-kritisches freiwilliges Arbeitsengagement von PraktikantInnen
Jenny S. Wesche, Freie Universität Berlin
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Autor:innen:
Jenny S. Wesche, Freie Universität Berlin
Daniel May, Freie Universität Berlin
Rudolf Kerschreiter, Freie Universität Berlin
Fragestellung
Berufspraktika kommt eine zentrale Rolle bei der Orientierung und Entwicklung künftiger Erwerbstätiger zu. Gleichzeitig stellen PraktikantInnen für Organisationen begehrte Arbeitskräfte dar. Dennoch wurde das Leistungsverhalten von PraktikantInnen kaum wissenschaftlich untersucht. Diese Studie widmet sich daher relevanten Einflussfaktoren auf konstruktiv-kritisches freiwilliges Arbeitsengagement (challenging citizenship performance, CCP) von PraktikantInnen, d.h. deren freiwilligem und selbstinitiiertem Einbringen oder Umsetzen von Veränderungsvorschlägen zur Optimierung von Strukturen, Prozessen und Aufgaben am Arbeitsplatz.
Untersuchungsdesign
In einer Fragebogenstudie (N=226) wurden Daten zum CCP, zur Zufriedenheit (mit der Führungskraft, den gebotenen Möglichkeiten zur Orientierung bzw. Qualifizierung, der Vergütung), zur Identifikation (mit der Führungskraft, der Organisation) sowie zur wahrgenommenen Offenheit für Vorschläge der Führungskraft im Praktikum erfasst. Zudem wurde als Persönlichkeitsvariable die berufliche Selbstwirksamkeit der PraktikantInnen erhoben.
Ergebnisse
Als signifikante Einflussfaktoren für das CCP von PraktikantInnen zeigten sich die Zufriedenheit mit den gebotenen Möglichkeiten zur Orientierung und Qualifizierung, die Offenheit der Führungskraft für Vorschläge sowie die berufliche Selbstwirksamkeit.
Limitationen
Selbstwertdienliche Verzerrungen sowie eine Inflation der Zusammenhänge sind aufgrund der Verwendung von Selbstberichten und des Querschnittdesigns nicht auszuschließen.
Theoretische/Praktische Implikationen
Die Ergebnisse legen nahe, dass Organisationen bei der Gestaltung von Praktika auf den Wunsch der PraktikantInnen nach Möglichkeiten zur Orientierung und Qualifizierung sowie auf die Qualität der Betreuung durch die Führungskraft achten sollten, um PraktikantInnen zu motivieren, sich auch konstruktiv-kritisch zu engagieren.
Relevanz/Beitrag
Der Beitrag beleuchtet eine besondere Form des Leistungsverhaltens von PraktikantInnen und kann dazu beitragen, Praktika leistungs- und entwicklungsförderlich zu gestalten.
14:15 Uhr
Der Einfluss der Urteilsquelle auf psychometrische Eigenschaften von Skalen zur Messung kontraproduktiven und produktiven Arbeitsverhaltens
Oliver Rizmanoski
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Autor:innen:
Oliver Rizmanoski
Bernd Marcus, Feruniversität in Hagen
Fragestellung-CWB und OCB wurden selten in einem 270°-Verfahren untersucht. Auswirkungen der Urteilsquelle auf deskriptive, korrelative Kennzahlen und auf Aspekte der Konstruktvalidität sollen ermittelt werden. –Untersuchungsdesign- An der Umfrage nahmen Studierende der Fernuniversität in Hagen teil, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig waren. Die Studierenden konnten Vorgesetzte und KollegInnen anonym zur Studienteilnahme einladen. Es wurden 142 gematchte Datensätze selektiert, für die Beurteilungen aus 3 Quellen vorlagen. –Ergebnisse- Korrelation- und mittelwertbasierte Vergleiche ergaben meist (mit Ausnahme von CWB-O) keine Unterschiede zwischen den Beurteilungsquellen. Untersuchungen zur Messinvarianz zwischen Selbst- und Vorgesetztebeurteilungen sowie zwischen Selbst- und KollegInnenbeurteilungen ergaben für einzelne Dimensionen signifikante Unterschiede zwischen konfiguralen und metrischen Modellen. In Single-Indicator-CTC(M-1)-Modelle wurden die Trait- und Methodenvarianz verglichen. Die Ergebnisse indizieren eine gute Übereinstimmung zwischen den Beurteilungsquellen, wenn die Skalenscores als Indikatoren dienen. –Limitationen– Die Stichprobengröße erschwerte die Anwendung einiger SEM-Modelle. Die Effekte der anonymisierten Teilnehmergewinnung (Schneeballverfahren) sind unklar. -Theoretische/Praktische Implikationen– Selbst-Beurteiler des CWB sind mitunter „ehrlicher“ als andere Quellen. Selbst-Beurteiler des OCB sind gleichwertig im Vergleich zu anderen Quellen. Die Faktorinterkorrelationen sind vergleichbar mit den Interkorrelationen der Skalen. Für CWB-O zeigten sich in Abhängigkeit von der Quelle unterschiedliche Strukturen. Mögliche Ursachen für diesen Befund werden erwogen, die auch im Rahmen der Ergebnisse der CTC(M-1)-Modelle diskutiert werden. Die OCB-spezifischen Methodenfaktoren konnten zum Teil durch andere Leistungsdimensionen erklärt werden. -Relevanz/Beitrag– Aus der Arbeit ergeben sich Rückschlüsse hinsichtlich der Dimensionalität des CWB-O und der Bedeutung der quellenspezifischen Methodenfaktoren, insbesondere für OCB.
14:35 Uhr
Strategien zur Bewältigung von Zielkonflikten in High Reliability Organizations: Typologische Betrachtung sicherheitsbezogener Regelverstöße
Sebastian Brandhorst, Ruhr-Universität Bochum
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Autor:innen:
Sebastian Brandhorst, Ruhr-Universität Bochum
Annette Kluge, Ruhr-Universität Bochum
Fragestellung
Im produzierenden Gewerbe dienen Sicherheitsregeln der Unfallverhütung, welche sonst zu enormen Schäden für Umwelt und Personen führen. Arbeiter stehen jedoch oft in einem Konflikt zwischen Produktivitäts- und Sicherheitszielen. Daher sind sicherheitsbezogene Regelverstöße bewusste, jedoch nicht böswillige Missachtung der Sicherheitsvorgaben (Reason, 2008). Experimentelle Studien dazu (von der Heyde et al., 2014) gaben Hinweise auf unterschiedliche Strategien zur Zielkonfliktbewältigung.
Untersuchungsdesign
Zur Analyse wurden Verhaltensdaten von 152 BedienerInnen einer Produktionssimulation ausgewertet, welche den typischen Zielkonflikt abbildet. Eine Clusteranalyse von insgesamt 5472 Entscheidungen bezüglich der Produktionsstrategie berücksichtigte drei Variablen: das Ausmaß des Regelverstoßes, die Häufigkeit der Strategiewechsel und der (Miss-)Erfolg der genutzten Strategie.
Fünf Cluster ließen sich somit identifizieren: der folgsame aber ineffiziente „Executer“ (15%), der variable „Optimizer“ (13%), der folgsame und erfolgreiche „Well-Behaved“ (36%), der konsequent regelverletzende „Inconvincible“ (29%) und der erfolglose „Experimenter“ (7%). Über die beschreibenden Merkmale hinaus unterschieden sich die Cluster bezüglich personenbezogenen Merkmalen wie Intelligenz und Eigeninteresse.
Limitationen
Die Untersuchung und Manipulation sicherheitsrelevanten Verhaltens erfordern eine kontrollierte Laborumgebung und lassen Felduntersuchungen aus ethischen und rechtlichen Beweggründen nicht zu.
Theoretische/Praktische Implikationen
Bisherige Ansätze, welche ergebnisorientiert nur dichotom in Regeleinhaltung oder –verstoß unterscheiden, werden um eine verhaltensorientierte Perspektive erweitert. Sie ergänzt bestehende Handlungs- und Verhaltens-Theorien und Modelle.
Relevanz/Beitrag
Die Differenzierung unterschiedlicher sicherheitsbezogener Strategien bietet die Möglichkeit bedarfsspezifische Trainings zu entwickeln. Auch Personalauswahlverfahren profitieren von der Kenntnis strategiespezifischer Personenmerkmale.