13:15 Uhr
Zeitdruck bei qualifizierter Dienstleistungsarbeit: Betriebliche, tätigkeits- und personenbezogene Entstehungsfaktoren und Auswirkungen
Anika Schulz-Dadaczynski, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
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Autor:in:
Anika Schulz-Dadaczynski, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Fragestellung: Zeitdruck ist ein weit verbreiteter Belastungsfaktor der heutigen Arbeitswelt, insbesondere auch bei qualifizierter Dienstleistungsarbeit als einem sehr wichtigen Beschäftigungsbereich. Entstehungsfaktoren für und Auswirkungen von Zeitdruck bei qualifizierter Dienstleistungsarbeit wurden durch eine empirische Studie umfassend ermittelt.
Untersuchungsdesign: An 21 ausgewählten Arbeitsplätzen in zwei verschiedenen Betrieben, einem Weiterbildungsträger sowie einem Software- und IT-Dienstleister, wurden theoriegeleitete Beobachtungsinterviews durchgeführt unter Anwendung des arbeitsanalytischen Instruments zur „Kontrastiven Aufgabenanalyse“ sowie selbst formulierter Leitfragen. Das empirische Material wurde instrumenten- und softwaregestützt (MAXqda) ausgewertet sowie kommunikativ validiert.
Ergebnisse: Tätigkeitsbezogene Merkmale wie bspw. eine hohe Variabilität oder Regulationshindernisse tragen besonders zur Entstehung von Zeitdruck bei. Die Tätigkeit stellt im Entstehungszusammenhang von Zeitdruck eine Schnittstelle zwischen dem Betrieb und den arbeitenden Personen dar. Es wurden primär personenbezogene Auswirkungen des Zeitdrucks in Form von bspw. einer erhöhten Irritation oder Verhaltensweisen der Arbeitsextensivierung und -intensivierung ermittelt. Jedoch sind auch diverse tätigkeitsbezogene – vor allem qualitätsmindernde – Auswirkungen festzustellen.
Limitationen: Im Rahmen der Studie konnten lediglich 21 ausgewählte Dienstleistungstätigkeiten untersucht werden, so dass die Ergebnisse nicht auf qualifizierte Dienstleitungsarbeit generell übertragbar sind.
Theoretische/Praktische Implikationen: Für den Belastungsfaktor Zeitdruck sind konkrete Entstehungszusammenhänge zu beachten und als Ansatzpunkte für arbeitsgestalterische Maßnahmen zu begreifen, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden.
Relevanz/Beitrag: Entstehung und Auswirkungen von Zeitdruck wurden durch eine vergleichsweise aufwändige, theoriegestützte Erhebungsmethode direkt am Arbeitsplatz erhoben, wodurch sehr konkrete Entstehungsfaktoren und Auswirkungen ermittelt werden konnten.
13:35 Uhr
Ausgeschlossen = machtlos = krank? Wirksamkeitsmotive als Moderatoren der Effekte von wahrgenommener Zurückweisung am Arbeitsplatz
Stanley Friedemann, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Autor:innen:
Stanley Friedemann, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Christian Dormann, FB 03, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Fragestellung
Zurückweisung am Arbeitsplatz findet zunehmend Interesse in der Arbeits- und Organisationspsychologie. Es wird angenommen, dass Zurückweisung psychologische Bedürfnisse verletzt (z.B. Selbstwert, Kontrolle) und dadurch die Gesundheit beeinträchtigt. Bisher fehlt es an Studien zur Frage, ob Zurückweisung die Gesundheit von Personen in Abhängigkeit von verschiedenen Bedürfnisausprägungen unterschiedlich stark beeinflusst. Wir untersuchten Wirksamkeitsmotive, die sich aus Macht- und Leistungsmotiven zusammensetzen und eine distinkte Klasse von Bedürfnissen sind. Das Wirksamkeitsmotiv umfasst die Komponenten Hoffnung auf Wirksamkeit und Angst vor Wirksamkeitsverlust. Beide Komponenten wurden implizit (mit projektivem Test) und explizit (per Fragebogen) gemessen. Wir nahmen an, dass zurückgewiesene Personen depressiver und ängstlicher sind, vor allem wenn sie implizite und explizite Angst vor Wirksamkeitsverlust aufweisen im Unterschied zu Personen mit impliziter und expliziter Hoffnung auf Wirksamkeit.
Untersuchungsdesign
Es nahmen N = 452 Arbeitstätige an der Online-Studie teil.
Ergebnisse
Zurückweisung wies Effekte auf Depression und Angst auf. Im Unterschied zu Personen mit impliziter und expliziter Hoffnung auf Wirksamkeit zeigten Personen mit impliziter und expliziter Angst vor Wirksamkeitsverlust mehr Depression und Angst. Nur Personen mit impliziter (nicht expliziter) Angst vor Wirksamkeitsverlust zeigten nach Zurückweisung stärkere Depression und Angst als Personen mit impliziter Hoffnung auf Wirksamkeit.
Limitationen
Aufgrund des Querschnittdesigns sind die gefundenen Zusammenhänge nur eingeschränkt kausal interpretierbar.
Theoretische/Praktische Implikationen
Experimentelle und Längsschnittstudien sollten die kausalen Effekte und die Wechselwirkung von Zurückweisung und Motiven zukünftig belegen.
Relevanz/Beitrag
Als erste Studie, welche die Auswirkungen von Zurückweisung am Arbeitsplatz in Abhängigkeit von impliziten und expliziten Motiven untersucht, leistet sie einen theoretischen und empirischen Beitrag zur Erklärung der Effekte von Zurückweisung.
13:55 Uhr
Mit echtem Lächeln? Emotionsarbeit, Zeitdruck und humorvoller Umgang mit KundInnen im Einzelhandel
Tabea Scheel, HU Berlin
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Autor:innen:
Tabea Scheel, HU Berlin
Daniel Putz, Rheinische Fachhochschule Köln
Fragestellung: Emotionsarbeit fordert die emotionalen Ressourcen von MitarbeiterInnen in Service und Einzelhandel im Umgang mit KundInnen. Neben Strategien der Emotionsarbeit (Surface und Deep Acting) zählt hier auch ein humorvoller Umgang mit KundInnen: dieser kann aufwertend/ wertschätzend sein (z.B. Scherzen im Verkaufsgespräch) oder abwertend/ aggressiv (z.B. sich über KundInnen lustig machen). Sowohl Deep Acting als auch ein positiv-humorvoller Umgang sollten für Personal und Kundschaft vorteilhafter sein. Zeitdruck als typische, stresserzeugende Arbeitsanforderung im Kundenkontakt dürfte sich jedoch ungünstig auf die Emotionsarbeit und die Art des eingesetzten Humors auswirken. Es ist anzunehmen, dass Emotionsarbeit die Beziehung zwischen Zeitdruck und humorvollem Umgang mit KundInnen im Einzelhandel mediiert.
Untersuchungsdesign: Die Studie basiert auf Selbsteinschätzungen von 170 MitarbeiterInnen aus vier Einzelhandelsfilialen.
Ergebnisse: Surface Acting hängt mit negativ-, und Deep Acting mit positiv-humorvollem Umgang mit KundInnen zusammen. Mediationsanalysen mit Bootstrapping (Hayes, 2015) zeigen, dass Zeitdruck negativ-humorvollen Umgang mit KundInnen begünstigt, wobei Surface Acting diesen Zusammenhang partiell mediiert. Deep Acting mediiert dagegen nicht zwischen Zeitdruck und Art des Humors mit KundInnen. Posthoc Analysen finden Moderationen durch Humorstile der MitarbeiterInnen.
Limitationen: Die Studie beruht auf Querschnittsdaten und Selbsteinschätzungen.
Implikationen: Zukünftig sind Tagebuch-/ Längsschnittstudien angezeigt, die auch die Kundenwahrnehmung, emotionale Ressourcen sowie Humorstile einbeziehen. Da Zeitdruck Surface Acting begünstigt (ohne Deep Acting zu verhindern), sollten Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf die Zeit der MitarbeiterInnen haben (z.B. Pausen).
Relevanz: Die Rolle des Humors in der Dienstleistungsarbeit ist bislang wenig erforscht. Dass die Art des Humors mit KundInnen mit der Beziehung von Zeitdruck und ungünstiger Emotionsarbeit zusammenhängt deutet auf unmittelbare Bedeutung für die Arbeitsleistung hin.
14:15 Uhr
Mach mal Pause! Wie Lachen mit KollegInnen vor den negativen Folgen von Zeitdruck schützen kann
Daniel Putz, Rheinische Fachhochschule Köln
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Autor:innen:
Daniel Putz, Rheinische Fachhochschule Köln
Tabea Scheel, HU Berlin
Fragestellung: MitarbeiterInnen setzen kontinuierlich Ressourcen ein, um Arbeitsanforderungen (z.B. Emotionsarbeit, Zeitdruck) gerecht zu werden. Durch regelmäßige Erholung werden Ressourcen erneuert, was dauerhaft das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von MitarbeiterInnen gewährleistet. Während des Arbeitstages ist Erholung vorrangig in Pausenzeiten möglich, wobei der Erholungseffekt maßgeblich von der Art der Pausenaktivitäten abhängt. Konkret ist zu erwarten, dass ein erfreulicher Austausch mit KollegInnen (z.B. indiziert durch gemeinsames Lachen) negative Auswirkungen von Zeitdruck auf das Wohlbefinden abpuffert und die Übertragung von negativen Emotionen aus der Pause auf die anschließende Arbeit abmildern bzw. die Übertragung positiver Emotionen verstärken kann.
Design: Für die vorliegende Studie wurden Selbsteinschätzungen von 170 MitarbeiterInnen aus vier Einzelhandelsfilialen erhoben.
Ergebnisse: Moderierte Mediationsanalysen mit Bootstrapping zeigen, dass Zeitdruck positiv mit affektiver Irritation zusammenhängt, die mit einer stärkeren Übertragung negativer Emotionen und einer geringeren Übertragung positiver Emotionen einhergeht. Wenn KollegInnen mindestens zweimal täglich in der Pause gemeinsam lachen, verschwindet der Zusammenhang von Zeitdruck und affektiver Irritation.
Limitationen: Die Studie beruht auf Querschnittsdaten und Selbsteinschätzungen. Die Items zur Erfassung der Emotionsübertragung und zum Lachen wurden selbst entwickelt.
Implikationen: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Erholungseffekt von Pausen durch angenehme Aktivitäten gesteigert wird. MitarbeiterInnen sollten daher die Möglichkeit erhalten, die Pausen nach ihren eigenen Vorlieben zu gestalten. Arbeitsgeber sollten ihre Angestellten insbesondere in Stoßzeiten, in denen Erholung besonders wichtig ist, ermutigen, ihre Pausen wahrzunehmen.
Relevanz: Die Erholungswirkung von Pausen wurde bisher relativ wenig und v.a. mit einem Fokus auf entspannende Aktivitäten untersucht. Humor und Lachen als erfreuliche Aktivitäten zeigen, wie Pausen erholsam wirken können.
14:35 Uhr
Positiver und negativer Humor der Führungskraft und organisationales Commitment bei ArbeitnehmerInnen: Die mediierende Rolle des soziomoralischen Arbeitsklimas und der sozialen latenten Funktionen der Arbeit.
Manuela Schmid, Johannes Kepler Universität Linz
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Autor:innen:
Manuela Schmid, Johannes Kepler Universität Linz
Bernad Batinic, Johannes Kepler Universität Linz
Fragestellung:
Ausgehend von Decker und Rotondo`s Theorie untersucht diese Studie den Zusammenhang zwischen dem Führungskräfte-Humor und dem affektiven organisationalen Commitment bei ArbeitnehmerInnen. Der Fokus wird auf das Potenzial des Humors, zwischenmenschliche Beziehungen zu verbessern, gelegt. Dabei wird die Frage geklärt, inwieweit das soziomoralische Arbeitsklima und Marie Jahoda`s soziale latente Funktionen von Arbeit den Zusammenhang zwischen positivem und negativem Führungskräfte-Humor und dem Commitment mediieren.
Untersuchungsdesign:
Ein Strukturgleichungsmodell wurde auf der Grundlage einer Online-Fragebogenerhebung mit 755 Personen angewendet.
Ergebnisse:
Kontrolliert für Alter und Verhältnis zum Vorgesetzten, kann gesagt werden, dass positiver Führungskräfte-Humor positiv mit dem Commitment korreliert, wobei das Arbeitsklima diesen Zusammenhang vollständig mediiert. Die sozialen latenten Funktionen welche durch beide Formen des Humors gestärkt werden, spielen keine vermittelnde Rolle. Negativer Führungskräfte-Humor steht in keinem signifikanten Zusammenhang mit dem Commitment und dem Arbeitsklima. Es zeigt sich jedoch, dass in der Gruppe der Frauen negativer Führungskräfte-Humor negativ mit dem Arbeitsklima korreliert. Auch deuten die Moderationsanalysen darauf hin, dass die Wirkung des positiven Humors bei Frauen stärker ausgeprägt ist.
Limitationen:
Situativer Humor wird nicht berücksichtigt.
Implikiationen:
Die Führungskraft kann einen direkten Einfluss auf die Qualität der Arbeitsumgebung ausüben. Die Ergebnisse zeigen, dass Humor, wenn dieser als positiv empfunden wird, signifikant positiv mit dem Arbeitsklima und in weiterer Folge positiv mit dem Commmitment, welches grundlegend zum Erfolg der Organisation beiträgt, zusammenhängt. Auch werden durch den Einsatz von Humor die sozialen latenten Funktionen der Arbeit gestärkt.
Relevanz:
Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zum bisher wenig erforschten Thema des Humors und trägt nicht nur zum Wissen bei, wie Humor am Arbeitsplatz wirkt, sondern auch, wie diese Wirkung erklärt werden kann.