08:30 Uhr
Distanzieren statt Eskalieren! Wenn-Dann Pläne helfen Gruppen ihr Commitment in Reaktion auf negatives Projektfeedback zu reduzieren
Frank Wieber, Universität Konstanz
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Autor:innen:
Frank Wieber, Universität Konstanz
J. Lukas Thürmer, Universität Konstanz
Peter M. Gollwitzer, Universität Konstanz und New York University
Fragestellung: Wenn Gruppen negatives Feedback zum Fortschritt eines Projekts erhalten, eskalieren sie oft ihre Bindung an das Projekt statt sie zu reduzieren. Dies kann beispielsweise zu Kostenexplosionen führen und so Organisationen gefährden. Eine Ursache für das Eskalieren ist das Rechtfertigen früherer Projektentscheidungen. Zum Reduzieren solcher Rechtfertigungsprozesse schlagen wir einen Selbstregulationsansatz vor. Gruppen sollten mit einem spezifischen Wenn-Dann Plan, bei Gruppenentscheidungen eine neutrale Perspektive einzunehmen (Selbstdistanzierung), ihr Commitment reduzieren können, nicht aber mit einen bloßen Ziel.
Untersuchungsdesign: In zwei experimentellen Studien bearbeiteten Dreier-Gruppen ein Bauprojektszenario. Sie trafen für drei Projektphasen gemeinsame Investitionsentscheidungen. Zunächst fassten die Gruppen entweder kein Ziel, nur ein Ziel oder ein Ziel und den Plan „Wenn wir eine Entscheidung treffen, dann urteilen wir als neutrale Beobachter, die nicht für frühere Entscheidungen verantwortlich sind!“ Dann erhielten sie positive Informationen in Phase 1, aber negatives Projektfeedback in Phase 2 und 3.
Ergebnisse: Nur mit Wenn-Dann Plänen gelang es Gruppen nach negativem Projektfeedback ihre anfänglich hohen Investitionen zu reduzieren (Studie 1) oder ihre moderaten anfänglichen Investitionen beizubehalten (Studie 2). Gruppen, die nur ein Ziel gefasst hatten, eskalierten ihre Investitionen genauso stark wie Kontrollgruppen ohne Ziel (Studie 2) und selbst dann, wenn sie auch Selbstdistanzierungsinstruktionen erhalten haben (Studie 1).
Limitationen: Trotz des hohen selbstberichteten Commitments der Teilnehmenden begrenzt der Szenariocharakter die Aussagekraft der Studien.
Theoretische/Praktische Implikationen: Durch effektive Selbstregulationsstrategien können Gruppen Entscheidungsverzerrungen selbständig und ohne strukturelle Änderungen reduzieren.
Relevanz/Beitrag: Beide Studien weisen auf die Wichtigkeit von Selbstregulationsprozessen in Gruppen und auf die Effektivität von Wenn-Dann Plänen zum Verhindern von eskalierendem Commitment hin.
08:50 Uhr
Der Einfluss von kollektiver Orientierung als individuelle Einstellung auf die Leistung interdependent arbeitender Teams
Vera Hagemann, Ruhr-Universität Bochum
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Autor:innen:
Vera Hagemann, Ruhr-Universität Bochum
Annette Kluge, Ruhr-Universität Bochum
Fragestellung: Teamarbeit ist in vielen Organisationen von großer Bedeutung. Gerade für Aufgaben mit hoher Interdependenz, wie z.B. ein Rettungsdiensteinsatz oder eine Brandbekämpfung, ist erfolgreiche Teamarbeit essentiell. Der Erfolg eines Teams ist u.a. von den Eigenschaften und Kompetenzen einzelner Teammitglieder abhängig. Geklärt werden soll, ob die Kollektive Orientierung (KO) von Personen zum Teamerfolg beiträgt.
Design: Die interdependente Teamaufgabe wurde durch die Simulation C³Fire dargestellt, in der 2-Personen-Teams über 2 Stunden in 5 Szenarien unterschiedlicher Komplexität Brände bekämpften. Vorab bearbeiteten alle Personen (Vpn) das Inventar zur Messung der KO. Anschließend wurden die Vpn mittels Mediansplit in 2 Gruppen aufgeteilt, Vpn mit hoher und Vpn mit niedriger KO. Insgesamt wurden 58 Teams, 29 mit hoher KO und 29 mit niedriger KO, erhoben. Zwischen den Simulationen bearbeiteten alle VPN weitere Inventare zur Erhebung personen- und teambezogener Variablen.
Ergebnisse: Teams mit hoher KO zeigten eine signifikant bessere Koordination (Mh=0.18, SDh=0.08; Mn=0.25, SDn=1.00; F(1/56)=8.69, p <.01, η2p=.13) und Teamleistung (Mh=5.93, SDh=1.15; Mn=4.65, SDn=1.20; F(1/56)=17.34, p <.001, η2p=.24). Mit zunehmender Komplexität der Szenarien nahm die Teamleistung ab (stärker bei KO niedrig), die KO veränderte sich nicht. KO stand in keinem Zusammenhang mit Kohäsion. Weitere Personvariablen waren unabhängig von der Teamleistung.
Limitationen: Aufgrund der Laborforschung bleibt unberücksichtigt, dass Teams keine isolierten Gruppen sind. Die komplexen Beziehungen und Einflüsse der Geschichte blieben unbeachtet.
Implikationen: Die Ergebnisse stützen die Befunde bisheriger Forschung zu KO und tragen zur Erklärung erfolgreicher Teamarbeitsprozesse bei. Da KO eine Einstellung ist, ist die Entwicklung von Maßnahmen zur positiven Veränderung von KO zentral für Berufe hoher Interdependenz.
Relevanz: Die Erfassung der KO ist wichtig im Rahmen der Personalauswahl und –entwicklung für Teamarbeitsberufe. Maßnahmen zur Veränderung der KO können so überprüft werden.
09:10 Uhr
Affective synchrony enhances group cohesion
Anja Göritz, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
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Autor:innen:
Anja Göritz, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Miriam Rennung, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Frage: Collective rituals' ability to enhance group cohesion renders them valuable for organizations in times of teamwork. Research established that behavioral synchrony, which is a feature of many collective rituals, does increase cohesion. However, as most organizational rituals engender weaker forms of synchrony (e.g., affective synchrony through sharing the same experience), we explore if affective synchrony brings about the same effects as behavioral synchrony.
Design: An experiment investigated the effect of affective synchrony in groups of strangers on affective, cognitive and behavioral group cohesion. 216 participants either did or did not share the same affect with the others in their group by watching a film either as a group or individually. The films were chosen to elicit one out of four affective states that systematically varied in valence and arousal.
Ergebnisse: The sharing of highly arousing, negative affect increased affective, cognitive, and behavioral group cohesion.
Limitationen: Future research should replicate the findings in a field setting. We elicited affect using films, which come with different contents. Consequently, our conclusion that changes in group cohesion are solely attributable to arousal and valence should be challenged.
Implikationen: Our study adds to the discussion of affective sharing by showing that affect needs not to be talked about, but that mere synchronous affective experience is sufficient to foster attachment. Moreover, the results offer insights on the construct of I-sharing, by establishing that a synchronous affective experience fosters cohesion without the existence of overt cues through relying solely on inferred synchrony. The fact that a four-minutes treatment can make a difference gives a foretaste of the impact of big interventions (e.g., rituals involving many participants).
Relevanz: By using an experimental design, we established causality. By assessing affective, cognitive and behavioral group cohesion, we were able to better understand the effect of affective synchrony on group cohesion.
09:30 Uhr
The Weakest Link – Wissensunterschiede im Team und der Einfluss auf Adaptationsprozesse
Christian Happ, Universität Trier
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Autor:innen:
Christian Happ, Universität Trier
Henrike Peiffer, Universität Trier, FB I Psychologie
Thomas Ellwart, Universität Trier
Frage. Zentral für erfolgreiche Adaptationsprozesse in Teams sind gemeinsam geteiltes Wissen und Wahrnehmungen von Situations- und Aufgabenmerkmalen. Dies kann durch Feedbacksysteme unterstützt werden, indem das Wissen der einzelnen Mitglieder für alle sichtbar gemacht wird. Unklar sind die Auswirkungen dieser Transparenz auf die Teammitglieder. In einer Voruntersuchung wurde in 121 Teams mittels eines Online Team Awareness Tools (onTEAM) das individuelle Wissen sichtbar rückgemeldet. Dabei zeigte sich, dass diese Rückmeldung zwar Adaptationsprozesse auf Teamebene anregte, aber mit mehr Stress und weniger Austausch einherging, wenn ein individueller Wissensrückstand vorlag. In der Hauptstudie wird daher der Einfluss von sichtbar unterschiedlichem Situations- und Aufgabenwissen im Team auf affektive, kognitive und verhaltensbezogene Prozesse analysiert sowie die moderierende Wirkung von Persönlichkeitseigenschaften überprüft.
Design. 405 Probanden waren in einer Onlinevignettenstudie Mitglieder eines fiktiven Teams und erhielten systematisch variiert eine visuelle Rückmeldung zum Situations- und Aufgabenwissen aller Teammitglieder. Dieses Wissen war entweder (1) konsistent hoch vs. niedrig im Team oder (2) divers, wobei das eigene Wissen niedriger vs. höher im Vergleich zum Team war.
Ergebnisse. Es zeigte sich, dass Probanden mit vergleichsweise geringem Wissen weniger Reflexion und Austausch suchten, eine negativere Stimmung aufwiesen und stärker an ihrer Selbstwirksamkeit zweifelten als Personen mit Wissensvorsprung. Dieser Effekt wurde bei proaktiven und leistungsmotivierten Probanden abgepuffert.
Limitationen. Die Studien basieren auf Daten studentischer Stichproben.
Implikationen. Die visuelle Rückmeldung des Teamwissens ist nicht nur ein unterstützendes Element der Teamadaptation, es kann sich auch, je nach Konfiguration und Persönlichkeit, negativ auf Adaptationsprozesse und die Zusammenarbeit auswirken.
Relevanz. Bislang blieben in der Forschung die Risiken der Visualisierung und Rückmeldung des Teamwissens für Teammitglieder weitgehend unberücksichtigt.
09:50 Uhr
Auf der Suche nach „echten“ Vorteilen von Teams in Verhandlungen: Der Einfluss expliziter Rollenzuweisung
Jens Mazei, Technische Universität Dortmund
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Autor:innen:
Jens Mazei, Technische Universität Dortmund
Guido Hertel, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Joachim Hüffmeier, Technische Universität Dortmund
Fragestellung:
Häufig werden eher Teams als Einzelpersonen mit Verhandlungen betraut—insbesondere in komplexen und wichtigen Verhandlungen. Ist dieser Aufwand gerechtfertigt? Obwohl Verhandlungen zwischen Teams tatsächlich bessere Ergebnisse erbringen als durchschnittliche interindividuelle Verhandlungen, zeigt aktuelle Forschung, dass Teams nur auf dem Niveau ihrer besten Mitglieder verhandeln (schwache Synergie; Larson 2009). Bisher gezeigte Teamvorteile resultieren demnach aus der höheren Anzahl an beteiligten Personen und nicht aus verbesserten Prozessen durch den Einsatz von Teams. In dieser Studie wird daher untersucht, ob Teams durch eine explizite Zuweisung von Verhandlungsrollen sogar bessere Ergebnisse erzielen können als ihre besten Mitglieder (starke Synergie) und somit auch das Potenzial zu „echten“ Prozessgewinnen besitzen.
Design:
In einem experimentellen Design mit drei Bedingungen (interindividuelle vs. Teamverhandlung ohne vs. Teamverhandlung mit expliziter Rollenzuweisung; drei Personen pro Team) bearbeiteten 294 ProbandInnen eine integrative Verhandlungsaufgabe. ProbandInnen in Teamverhandlungen mit expliziter Rollenzuweisung wurde eine von drei Rollen zugewiesen, die hilfreich zum Erreichen hochwertiger Verhandlungslösungen sind: a) Verständnis und Realisierung der eigenen Interessen sicherstellen, b) Verständnis der Interessen der Gegenseite erreichen, c) Ideen zur Lösungsfindung finden und einbringen.
Ergebnisse:
Aufgrund des Umfangs der Studie werden die komplexen Daten aktuell analysiert und bei der Tagung vorgestellt.
Limitationen:
In dieser Studie wurde nur eine Methode zur Förderung starker Synergie untersucht.
Implikationen:
Da einerseits ein Nachweis genuiner Vorteile durch Teams noch aussteht, andererseits mit Teams auch negative Konsequenzen einhergehen können (z. B. hinsichtlich des Vertrauens in Verhandlungen), sollte ihr Einsatz sorgfältig abgewogen werden.
Beitrag:
Mit dieser Studie leisten wir einen ersten Beitrag zur Frage, ob Teams—unterstützt durch eine entsprechende Intervention—tatsächlich das Potenzial für starke Synergie besitzen.