16:15 Uhr
Zeit- und Leistungsdruck, konzeptionelle und empirische Unterschiede - Eins ist anders, das andere verschieden
Julia Leinhos, JGU Mainz
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Autor:innen:
Julia Leinhos, JGU Mainz
Thomas Rigotti, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Fragestellung. Zeitdruck ist im Vergleich zu Leistungsdruck in der arbeitspsychologischen Stressliteratur als Begriff gut etabliert. Es fehlt bislang eine klare Abgrenzung der beiden Phänomene. Das Ziel der Studie war es daher, durch eine gezielte Analyse differentieller Zusammenhänge von Zeit- und Leistungsdruck zu theoretisch abgeleiteten Determinanten und Konsequenzen, erste Hinweise auf qualitative Unterschiede beider Konstrukte zu erhalten. Untersuchungsdesign. An einer Online-Querschnittsstichprobe von N = 143 Beschäftigten aus unterschiedlichen Branchen wurden differentielle Zusammenhänge zwischen Zeit- und Leistungsdruck und Führungsverhalten (z.B. LMX), Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Perfektionismus) sowie verschiedenen Befindensindikatoren (z.B. Emotionale Erschöpfung) untersucht. Ergebnisse. Während der berichtete Leistungsdruck stärker mit Persönlichkeitsvariablen zusammenhing, zeigten sich höhere Zusammenhänge zwischen dem erlebten Zeitdruck und dem Führungsverhalten. Weiterhin zeigten sich substanziell höhere Zusammenhänge zwischen Leistungsdruck und Befindensindikatoren als zu Zeitdruck. Limitationen. Das Querschnittsdesign erlaubt keine kausalen Aussagen. Eine multimethodale Erfassung der Konstrukte wäre wünschenswert zur weiteren Untermauerung berichteter Unterschiede. Theoretische/Praktische Implikationen. Die Ergebnisse liefern erste Hinweise darauf, dass Zeit- und Leistungsdruck qualitativ unterschiedliche Arbeitsanforderungen darstellen. Die Befunde sprechen für Unterschiede in dispositionalen versus situativen Anteilen an Zeit- und Leistungsdruck. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten sich daher verstärkt mit einer differenzierten Abgrenzung beider Konstrukte befassen. Hieraus lassen sich praktische Implikationen für eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf den Nutzen verhaltens- vs. verhältnispräventiver Zugänge ableiten. Relevanz/Beitrag. Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine erste Studie, die eine konzeptionelle und empirische Trennung der Konstrukte Zeit- und Leistungsdruck vornimmt.
16:25 Uhr
Berufsspezifische Anforderungen, persönliche Ressourcen und mentale Gesundheit in der Pflege im Krankenhaus
Nicole Stab, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
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Autor:in:
Nicole Stab, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Fragestellung. In Anlehnung an das Job Demand-Resources Modell wird in der Studie der Frage nachgegangen, welche pflegespezifischen Anforderungen auf Outcomes, wie emotionale Erschöpfung, psychisches Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit von Pflegenden im Krankenhaus wirken. Zudem wird untersucht, ob persönliche Ressourcen und Coping-Strategien diese Zusammenhänge moderieren.
Untersuchungsdesign. Bei der Studie handelt es sich um eine Querschnittstudie. Befragt wurden 731 Pflegende aus fünf deutschen Universitätskliniken.
Ergebnisse. Die Ergebnisse zeigen, dass die erlebte Beteiligung der Pflegenden an stationsorganisatorischen Gegebenheiten und die erlebte Organisation der Patientenpflege zentrale Prädiktoren für die untersuchten Outcomes darstellen. Eine wichtige Ressource ist das Erleben sozialer Unterstützung im Privatleben, bedeutsame Coping-Strategien sind Distanzierungsfähigkeit und offene Problembewältigung. Offene Problembewältigung moderiert zudem den Zusammenhang der von den Pflegenden erlebten Pflegeorganisation und ihrer Lebenszufriedenheit.
Limitationen. Es handelt sich um eine Querschnittsuntersuchung; kausale Interpretationen können nicht erfolgen.
Theoretische/Praktische Implikationen. Die Studie zeigt, dass von den Pflegenden erlebte pflegespezifische Anforderungen in direktem Zusammenhang mit emotionaler Erschöpfung, psychischem Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit stehen. Diese können durch gezielte Gestaltungsmaßnahmen verbessert werden. Konkrete Ansatzpunkte werden anhand der Studienergebnisse abgeleitet. Darüber hinaus kann eine offene Problembewältigung seitens der Pflegenden dazu beitragen, das Erleben der Pflegeorganisation zu verbessern, was wiederrum mit einer gesteigerten Lebenszufriedenheit einhergeht.
Relevanz/Beitrag. Der Beitrag hat eine Relevanz für die Pflegepraxis, da die Notwendigkeit einer gut gestalteten Pflegearbeit herausgestellt wird und konkrete Gestaltungsmaßnahmen ableitet werden.
16:35 Uhr
„Und am siebten Tage sollst du ruhen“ - Belastungs- und Stressfaktoren bei Pfarrern: Eine Untersuchung zu strukturellen Ursachen von Burnout bei Pfarrern in der Evangelischen Kirche
Iris Seliger, FSU Jena
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Autor:innen:
Iris Seliger, FSU Jena
Samuel Peters
Rüdiger Trimpop, Friedrich-Schiller-Universität Jena
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Ursachen von Burnout bei verschiedenen Berufsgruppen werden insbesondere in der angloamerikanischen Literatur immer wieder Pfarrer bzw. Geistliche untersucht. Im deutschsprachigen Raum finden sich bisher dazu nur punktuell empirische Untersuchungen. Gerade jedoch in Zeiten in denen die derzeitige Situation der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) durch degressive Entwicklungen (u.a. durch den demographischen Wandel, den Mitgliederschwund und den Rückgang materieller und personeller Ressourcen) und durch die gleichzeitige Aufrechterhaltung traditioneller (Arbeits-) Strukturen durch Mehrbelastung gekennzeichnet ist gewinnt die Untersuchung von psychischer Belastung, Beanspruchung und Stress auch für diese spezifische Berufsgruppe an Bedeutung.
Bisherige Studien stellen vorrangig die intraindividuelle Perspektive in den Mittelpunkt. Ziel der vorliegenden Untersuchungen war es daher die strukturellen Determinanten von Beanspruchung und Stress herauszuarbeiten. Der besondere Fokus liegt dabei auf der Erhebung der Zusammenhänge zwischen den organisationalen Bedingungen des Pfarrberufes im Rahmen der Evangelischen Kirche und der individuellen Wahrnehmung von Stress.
Mithilfe multimodaler Interviews mit aktiven Pfarrern, Vorgesetzten und Experten aus einer der Gliedkirchen der EKD (N=8) wurden explorativ strukturelle Faktoren erhoben, die zu Stress bei Pfarrern führen können. Dabei werden neben organisationalen Gegebenheiten (Aufgabenvielfalt, Rollenerwartungen, Work-Life-Balance) für den beruflichen Alltag von Pfarrern und deren Einfluss auf Stress weitere Faktoren wie die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und Kollegen identifiziert. In diesem Zusammenhang werden auch Konfliktmuster sowie deren Lösungen diskutiert, insbesondere im Hinblick auf eine strukturell-organisational verankerte Unterstützung von Pfarrern. Die Ergebnisse werden im Kontext weiterer Untersuchungen reflektiert und auf mögliche praktische Implikationen hin befragt und diskutiert.
16:45 Uhr
Effort-Reward-Imbalance und Wohlbefinden im Polizeiberuf
Sabine Stark, Freie Universität Berlin
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Autor:innen:
Sabine Stark, Freie Universität Berlin
Burkhard Gusy, Freie Universität Berlin
Max Rotter, Freie Universität Berlin
Babette Renneberg, Freie Universität Berlin
Dieter Kleiber, Freie Universität Berlin
Fragestellung: Im Modell beruflicher Gratifikationskrise wird postuliert, dass ein Übermaß an beruflichen Anforderungen (A) im Verhältnis zu der erwarteten Belohnung (B) einen nachteiligen Einfluss auf die Gesundheit hat. Die vorliegende Untersuchung überprüft dem salutogenen Ansatz folgend, welche Zusammenhänge zwischen der Gratifikationsbilanzierung und dem subjektiven Wohlbefinden bestehen. Außerdem werden für die Gratifikationsbilanz förderliche Ressourcen der Arbeitstätigkeit identifiziert.
Untersuchungsdesign: 857 Polizeivollzugsbeamten einer Direktion beteiligten sich an einer Onlinebefragung. Zur Erfassung der Gratifikationsbilanz kam die Kurzversion des Effort-Reward-Imbalance-Fragebogen zum Einsatz. Das subjektive Wohlbefinden wurde mit dem Fragebogen WHO-5 ermittelt. Mit dem Organizational Checkup Survey wurde der Zusammenhalt im Team, Fairness und die Übereinstimmung der persönlichen mit den behördlichen Wertvorstellungen abgebildet.
Ergebnisse: Der Zusammenhang zwischen der Gratifikationsbilanz und dem subjektiven Wohlbefinden (r=-.38, p<.01) konnte bei folgendem Gruppenvergleich nur bedingt bestätigt werden: In der Gruppe A>B zeigte sich ein deutlich geringeres Wohlbefinden im Vergleich zu den Gruppen A=B, bzw. A<B, die sich hingegen nicht signifikant unterscheiden. Fairness (β=-.37, p<.001) sowie Übereinstimmung in den Wertvorstellungen (β=-.23, p<.001) erwiesen sich als relevante Ressourcen für die Gratifikationsbilanz (R²=.35).
Limitationen: Die auf Querschnittsdaten beruhenden Analysen ermöglichen keine Kausalaussagen. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf andere Berufsgruppen ist möglicherweise eingeschränkt.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen, dass eine positive Gratifikationsbilanz verglichen mit einem Gleichgewicht zwischen Anforderung und Belohnung nicht mit einem gesteigerten Wohlbefinden einhergeht. Innerbetriebliche Fairness sowie die Übereinstimmung von Wertvorstellungen sollte wegen deren Zusammenhängen mit der Gratifikationsbilanz stärker gefördert werden.
16:55 Uhr
Der Moderationseffekt von Geschlecht und Geschlechtergleichheit auf den Zusammenhang von work interfering with family (WIF) und family interfering with work (FIW) und Zufriedenheit: Eine interkulturelle Untersuchung
Regina Kempen, Universität Osnabrück
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Autor:innen:
Regina Kempen, Universität Osnabrück
Alina Prinz
Karsten Müller, Universität Osnabrück
Fragestellung
Das Ziel dieser Studie ist es, den Einfluss kultureller Werte auf den negativen Zusammenhang von work interfering with family (WIF) und family interfering with work (FIW) und Arbeits- und Familienzufriedenheit näher zu beleuchten. Basierend auf Powell, Francesco und Ling (2009) werden sowohl Gender als auch Geschlechtergleichheit (House et al., 2004) als Moderatoren für den negativen Zusammenhang von WIF, FIW und Zufriedenheit untersucht.
Untersuchungsdesign
In einem multi-level Design wird der Moderatoreffekt von Gender und Geschlechtergleichheit auf den Zusammenhang von WIF und FIW auf Arbeits- und Familienzufriedenheit getestet. Die Datenbasis ist der multinationale Datensatz des International Social Survey Programm (ISSP) mit 13371 Probanden aus 25 Ländern.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen signifikante Moderatoreffekte von Geschlecht auf die Beziehung zwischen WIF/FIW und Arbeitszufriedenheit, jedoch nicht auf Familienzufriedenheit. Demnach sind die negativen Beziehungen für Frauen stärker ausgeprägt. Außerdem zeigen die Ergebnisse stärkere negative Zusammenhänge zwischen WIF/FIW und Arbeitszufriedenheit, sowie zwischen WIF und Familienzufriedenheit in Ländern mit hoher Geschlechtergleichheit.
Limitationen
Limitationen der Studie ergeben sich aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Stichprobe in Hinblick auf das Geschlecht, die unterschiedlichen Reliabilitäten der Skalen zur Erfassung von WIF/FIW in den einzelnen Ländern, sowie insbesondere aus der vergleichsweise geringen Effektstärke.
Implikationen
Die Ergebnisse belegen den zentralen Einfluss von Geschlecht und kulturellen Werten im Kontext des Zusammenspiels von Lebensbereichen. Die Auswirkungen von WIF/FIW müssen demnach in Abhängigkeit der Kultur eines Landes betrachtet werden.
Relevanz/Beitrag
Als eine der ersten Studien zeigt diese Studie den signifikanten Einfluss von Geschlechtergleichheit und Geschlecht auf die Beziehung zwischen sowohl WIF als auch FIW und unterschiedlichen Zufriedenheitsfacetten auf.
17:05 Uhr
Summative Trainingsevaluation im Kontext von Stressmanagement-Interventionen
Leonie Manthey, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
Gerlind Pracht, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
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Autor:innen:
Leonie Manthey, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
Gerlind Pracht, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
Viktor Vehreschild
Fragestellung: Anknüpfend an eine Studie zur Evaluation eines Blended-Trainings zur Stressbewältigung untersucht diese Arbeit u.a., ob sich die Befunde (Pracht, 2013) in einer größeren Stichprobe replizieren lassen. Sie evaluiert längsschnittlich die Wirkung eines zweitägigen Blocktrainings auf stressbezogene und arbeitspsychologische Konstrukte sowie sprachpsychologische Parameter stimmbasierten verbal sprachlichen Materials.
Untersuchungsdesign: 152 Probanden (davon 109 Frauen, 43 Männer), meist Studierende der FernUniverstiät, wurden zwei Bedingungen randomisiert zugewiesen: (1) zweitägiges Blocktraining (N = 67) und (2) Wartekontrollgruppe (N = 85). Die Online-Datenerhebung stressbezogener Variablen (z.B. TICS, SVF78, SRS, MBI) und arbeitspsychologischer Merkmalen (ABB, Job Satisfaction Index, UWES, IS, arbeitsbezogener Affekt) sowie von Persönlichkeitsmerkmalen erfolgt(e) zu vier Zeitpunkten: vor dem Training sowie zwei Wochen, drei und sechs Monate danach. Zum ersten und dritten Messzeitpunkt wurde in automatisierten Telefon-Interviews verbal sprachliches Material erhoben.
Ergebnisse: Erste Befunde zeigen kurzfristig mittel bis große positive Effekte auf Stresserleben und Stressreaktivität (η² = .09 bis η² = .14), mittlere Effekte auf Irritation (η² = .11) und positiv aktivierende Affekte (η² = .08) sowie kleine Effekte auf Stressbewältigung (η² = .03 bis η² = .06). Weitere mittel- und langfristige Ergebnisse sind noch zu berechnen.
Limitationen: Trotz der Bemühungen um eine ausgewogene Geschlechterverteilung der Teilnehmenden und Trainer, sind Männer in der Studie unterrepräsentiert. Der Einsatz mehrerer Trainer unterstützt die Generalisierbarkeit, könnte aber die interne Validität beeinträchtigen.
Praktische Implikationen sind aktuell noch nicht möglich.
Relevanz: Als Forschungsbeitrag schließt die Arbeit eine Lücke dahingehend, dass Stressmanagement-Blocktrainings bislang kaum mit so großer geschlechtsgemischter Stichprobe und mehreren Trainern experimentell untersucht wurden.