09:30 Uhr
Translation von Kultur - Darbietung beobachteter kultureller Besonderheiten mittels Text und Notation
Christine Eickenboom (Universität Koblenz-Landau)
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Autor:in:
Christine Eickenboom (Universität Koblenz-Landau)
Nachdem der Arzt Hermann Beckler Mitte des 19. Jahrhunderts eine rituelle Tanzzeremonie der australischen Ureinwohner beobachtet hatte, unternahm er den Versuch, seine Wahrnehmung durch Schilderung des Gesehenen und Gehörten in Wort und Notation seinen in Deutschland lebenden Landsleuten nahezubringen. Er veröffentlichte einen entsprechenden Beitrag unter dem Titel Corroberri. Ein Beitrag zur Kenntnis der Musik bei den australischen Ureinwohnern (Globus 13 [1868]. S. 82-84). Zuvor hatte schon Richard Oberländer versucht, eine solche, offenbar überaus beeindruckende, Darbietung seinem Publikum verbal vorzustellen. Ebenfalls widmete sich im Jahr 1857 der monatlich erscheinende News Letter of Australasia dieser fremdartigen Tanzdarbietung. Den Autoren ging es jeweils nicht allein um eine Schilderung des Gesehenen, sondern auch um die Translation des Inhalts aus der unmittelbaren Wahrnehmung heraus in die Erfahrungswelt der eigenen Kultur, die ja doch immer nur auf Annahmen basieren konnte und somit beständig der Gefahr der Fehlinterpretation ausgesetzt war. Dennoch trugen diese oder ähnliche „Übersetzungen von Kultur“ wesentlich zur Etablierung eines Bildes vom Fremden bei, das nicht nur im Jahrhundert seiner Entstehung Bestand hat.
10:30 Uhr
Erschließung und Transfer kulturspezifischer Bedeutungen am Beispiel der deutschen Übersetzung einer ukrainischen volkstümlichen Erzählung
Tetiana Liashenko (Nationale Ivan-Franko-Universität Lviv)
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Tetiana Liashenko (Nationale Ivan-Franko-Universität Lviv)
Textübersetzungen bieten wichtige Grundprinzipien für die Kulturübersetzung als Übertragung fremder Denkweisen, Weltbilder und Praktiken. Die Dimension der Kultur des Textes ist ein gewisses tertuim comparationis zwischen der fiktiven Welt des Werkes und dem kulturellen Kontext der Zeit.
Kulturelle Bedeutungen lassen sich nicht nur aus der Textoberfläche anhand expliziter Textelemente, Schlüsselbegriffe oder Symbole erschließen. Fremdkulturelle Elemente werden bezogen auf kulturelle Bedeutungszusammenhänge und auf die soziale Gesellschaftsorganisation ausgedeutet. Implizite kulturelle Bezüge ermöglichen systematische Modellierung eines kulturellen Kontextes und sind bei der Verständnissicherung des literarischen Textes in der Rezeptionsphase des Übersetzungsprozesses von Belang.
Zur Überbrückung der Unterschiede zwischen den sprachlichen und kognitiven Weltbildern der deutschen und ukrainischen Sprach- und Kulturgemeinschaften kann der Übersetzer unter den Strategien der Verfremdung, Domestizierung und Neutralisation der Kulturspezifik wählen. Die ausgewählte Makrostrategie als mentales Programm des Übersetzers bei der Neugestaltung der konzeptuellen Struktur des Originals wird mit Hilfe von untergeordneten übersetzerischen Mikrostrategien und Taktiken realisiert, deren Einsatz durch das jeweilige Übersetzungsproblem bedingt wird.