09:30 Uhr
Übersetzen als interkulturelle Kommunikation am Beispiel von Romanen der Chamisso-Autoren Özdamar, Şenocak und Zaimoğlu
Nicoletta Gagliardi (Università degli Studi di Salerno)
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Nicoletta Gagliardi (Università degli Studi di Salerno)
Übersetzen ist ein kultureller Prozess besonderer Art, anders gesagt eine besondere Art von soziokultureller Praxis, die die interkulturelle Kommunikation ermöglichen oder erschweren kann. Juliane House (1997, 2015) unterscheidet zwei Übersetzungsarten, die sie offene und verdeckte Übersetzung nennt. Die Wahl des Übersetzers zwischen offener und verdeckter Übersetzung hängt jedenfalls von mehreren Faktoren ab. Mein Beitrag untersucht die (wenigen) Übersetzungen von „Turkish Turn“-Romanen ins Italienische auf der Basis einer empirisch kontrastiven Forschung. Für die Analyse spielen das Zusammenspiel der beiden Faktoren innersprachlicher Instruktionen (lexikalische, semantische und stilistische) sowie außersprachlicher Determinanten (pragmatische und kulturelle Komponenten) und seine Bewältigung durch die Übersetzer sowie die Beibehaltung der ästhetischen Wirkung (Reiß 1971) eine entscheidende Rolle. In einigen Fällen fördern die Übersetzer dieser Romane die interkulturelle Kommunikation, weil sie die Fremdheit der Originalsprache im Zieltext bewahren, indem sie einige Wörter oder Lokutionen und ungewöhnliche lexikalische oder synthaktische Konstrukte originalgetreu übersetzen und benutzen. Wenn sich aber die Übersetzer konsequent für eine offene Übersetzung entscheiden, besonders wenn kulturgebundene Elemente anders sind als in der Zielsprache, haben die Stilmittel und die pragmatischen Perspektiven des Ausgangstextes für italienischsprachige Leser einen fremden Charakter.
10:00 Uhr
Hetty E. Verolmes Autobiografie "The Children's House of Belsen" im deutschen Übersetzungsfeld
Polina Banman (Nord-Kaukasische Föderale Universität)
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Polina Banman (Nord-Kaukasische Föderale Universität)
Autobiografische Texte sowie Fotos, Briefe, Bilder usw. gehören laut J. Olick zu der „Erinnerungslandschaft“ (Olick, 2012). Das Problem der Übersetzung von autobiografischen Texten insgesamt besteht in der Notwendigkeit, den kulturhistorischen und alltäglichen Kontext zu übertragen. Da für solche Texte Merkmale wie Subjektivität und Bewertung typisch sind, müssen sie auch bei der Übersetzung im Zieltext erhalten und vermittelt werden. Ziel meiner Forschung ist es, den autobiografischen Text von Hetty E. Verolme "The Children's House of Belsen" mit seiner Übersetzung ins Deutsche, in die "Sprache der Täter" (was bestimmte Schwierigkeiten bedingt), als Wir Kinder von Bergen-Belsen zu vergleichen und Strategien beim Übersetzen zwischen Englisch und Deutsch festzustellen. Ins Deutsche wurde der Ausgangstext von Mirjam Pressler (1940 – 2019) übersetzt, die zahlreiche Übersetzungen zur Schoah veröffentlicht hat. Als theoretische Grundlage für die Analyse der Fallbeispiele dient die kritische Auseinandersetzung mit Autobiografien der Holocaust-Überlebenden, Übersetzungsstrategien und Übersetzungsverfahren. Vorrangig interessiert mich die Frage, welche Übersetzungsverfahren zur Anwendung kommen, welche Textabschnitte ausgelassen, welche Erlebnisse aufgehoben werden? Wann kommt es zu (vollen oder partiellen) Kürzungen (oder Auslassungen), Zusätzen, Modulation u. a.?
10:30 Uhr
Codierungs- und Decodierungsprozesse beim interkulturellen Vermitteln und Repräsentieren von Wissen
Ludmilla I. Grischaewa (Staatliche Universität Woronesch (Russland))
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Ludmilla I. Grischaewa (Staatliche Universität Woronesch (Russland))
Der Beitrag ist dem Problem Verbalisieren, Deverbalisieren und Reverbalisieren von Wissen in der Kommunikation gewidmet. Es wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, bei der Analyse von in Frage kommenden Ausdrucksmitteln für heterogene, heterosubstrate bzw. heterochronische Erkenntnisse über die außersprachliche Welt dem kulturspezifischen Vermitteln und Repräsentieren von Wissen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Als Beispiel dienen der Text von Karl Ernst Laage Spurensuche in Moskau und Twer (2006) und dessen Übersetzung ins Russische В советском плену: воспоминания о людях, домах и трудовых лагерях von Anatolij Bakalow (2009). In den Vordergrund werden Codierungs- und Decodierungsprozesse beim Textgenerieren und -rezipieren gerückt, indem heterogene Verbalisierungsmechanismen auf der Mikro- und Makrotextebene im Ausgangs- und Zieltext miteinander verglichen werden. Ausgegangen wird dabei von der Vorstellung, dass die gezielte Nutzung von Wissen eng mit den Strukturierungsmöglichkeiten von Informationen im Text als Medium verbunden ist. Aus diesem Grunde kann der Vergleich von Codierungs- und Decodierungsmechanismen beim Vermitteln von Wissen in verschiedenen Kulturen zur Erkenntnis und Erläuterung von Kulturspezifik der angesprochenen Prozesse unter gleichen bzw. ähnlichen kommunikativen und kognitiven Bedingungen beitragen. Dies ermöglicht unter anderem zu begreifen, wie die lineare Abfolge von unter konkreten kommunikativen Bedingungen zu objektivierendem heterogenem Wissen beschaffen ist, und zwar, wie abstrakt bzw. konkret das Wissen aus einem bestimmten Begriffsfeld verbalisiert wird, wie fein es differenziert ist sowie warum und in welcher Reihenfolge das durch heterogene sprachliche Ausdrucksmittel aktivierte Wissen durch welche Verbalisierungsmechanismen in der Kommunikation objektiviert wird. Außerdem können die Relationen konventionell - okkasionell, allgemein - individuell, universell - kulturspezifisch, objektiv - subjektiv, gesetzmäßig - zufällig durch die Analyse von ‚natürlichen‘ kommunikativen Ergebnissen, d.i. Texten, unter diversen Blickwinkeln beschrieben werden.