Taotao CUI (GuangDong University of Foreign Studies, Faculty of European Languages & Cultures)
Wenn man von der Fachübersetzerausbildung in China spricht, meint man damit im Allgemeinen den 2008 eingeführten Studiengang „Master of Translation and Interpreting“, dessen Zielsetzung in der anwendungsorientierten Ausbildung exzellenter fachlicher Übersetzer besteht. Dafür sollte Fachwissen und Fachsprachen selbstverständlich ein zentraler Stellenwert beigemessen werden, wie es vor allem auch in den deutschen Ausbildungsmodellen (Germersheim, Heidelberg, Hildesheim) der Fall ist. Doch die umgesetzten Curricula an inzwischen über 200 Universitäten einerseits und viele einschlägige Forschungsaufsätze von Experten andererseits belegen eher das Gegenteil, nämlich dass der zentrale Schwerpunkt überwiegend auf die Entwicklung einer sogenannten ‘Übersetzungskompetenz’ gelegt wird, die jedoch aus unterschiedlichen Theorieansätzen heraus verstanden wird, so dass ihre Entwicklung kaum einheitlich stattfinden kann, die Legitimität einer solchen Fachausbildung wird dadurch am Ende geschwächt. Man bildet dem Namen nach Fachübersetzer aus, deren berufliche Qualifikationen allerdings stimmen selten mit den Marktanforderungen überein. Vor diesem Hintergrund spricht man zunehmend von Problemen bzw. Defiziten, die sich meines Erachtens durch eine stärkere Gewichtung von Fachwissen und Fachsprachen beheben ließen. Im vorliegenden Vortrag wird auf die aktuellen Probleme in der chinesischen Fachübersetzerausbildung eingegangen und über mögliche Lösungswege diskutiert.
10:15 Uhr
Schwierigkeiten bei der Übersetzung klassischer Religionstexte aus dem Arabischen ins Deutsche
Zu den vielbeachteten Büchern des anerkannten ägyptischen Theologen Muhammad Al-Ghazālī (1917-1996) gehört Hundert Fragen über den Islam, 1984 erschienen. Al-Ghazālī ist in der arabischen Welt als religiöser Erneuerer zu sehen. Außerdem ist er für seinen besonderen literarischen Schreibstil bekannt.
Der Übersetzer seiner Texte steht vor mehreren Herausforderungen. Denn einerseits übersetzt er den Inhalt eines Religionstextes in eine andere Sprache mit einer anderen Kultur und einer anderen Religion und muss dabei auf Rezeptionsgeschichte und Rezeptionsästhetik achten. Andererseits erschweren der Entstehungszusammenhang des Originals und die literarische Sprache bei der Vermittlung von Inhalten der Religion das Übersetzen.
In diesem Vortrag geht es um die Kunst der literarischen Übersetzung, die nicht nur auf Innovation beruhen darf. Deshalb wird hier gezeigt, inwiefern Aspekte der literarischen Übersetzungsforschung neben der Beachtung der Ontologie des Textes beim Übersetzungsvorgang unterstützen. Das wird an Hand von Beispielen erläutert.