Louis Ndong (Université Cheikh Anta Diop (Dakar, Senegal))
In vielen afrikanischen literarischen Texten lassen sich eine Reihe von Sprichwörtern verzeichnen. Die dadurch erzeugte Ästhetik zeigt die besondere Prägung der mündlichen Überlieferung in den afrikanischen Gesellschaften und ihren Stellenwert im literarischen Schaffen afrikanischer Autoren. Anhand ausgewählter senegalesischer Romane, Ein so langer Brief und Der scharlachrote Gesang (Mariama Bâ) sowie Die Postanweisung (Ousmane Sembène) soll auf die Übersetzung von afrikanischen bzw. senegalesischen Sprichwörtern eingegangen werden. Diese Romane wurden zwar auf Französisch geschrieben, doch sie weisen Spuren eines ungeschriebenen Wolof-Textes in Stil und Ästhetik auf. Infolgedessen ist eine Untersuchung der interkulturellen Rezeption der Texte in der Zielkultur vor dem Hintergrund ihrer sprachästhetischen Merkmale naheliegend. Davon ausgehend wird die Übersetzung von Sprichwörtern als besonderer Form fremdkultureller Vermittlung in senegalesischen literarischen Texten kritisch hinterfragt. Dabei stehen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:
Wie lassen sich die in den französischsprachigen Originaltexten aus dem Wolof übertragenen Sprichwörter in der deutschen Fassung wiedergeben?
Durch welche Übersetzungsverfahren lassen sich die sprachästhetischen Merkmale der Sprichwörter übertragen und rezipieren?
Welche ausgangs- bzw. fremdkulturellen Inhalte werden durch die Sprichwörter vermittelt und somit in den zielsprachigen Versionen der Texte transportiert?
17:15 Uhr
(Kultur)Semiotik – ein Holzweg der Translationstheorie?
Annett Jubara (J. Gutenberg-Unversität Mainz, FTSK in Germersheim)
Profan-forstwirtschaftlich ist der Holzweg ein im Wald angelegter Weg, der nicht der Verbindung zweier Orte dient. Er ist also „nicht zielführend“ und daher ein Irrweg; weshalb man ihn schnellstmöglich verlassen sollte, worauf das bekannte Sprichwort dringt. „Holzwege“ nannte Heidegger aber auch die neuen Wege, die er einschlagen wollte und von denen er meinte: "Sie gehen in die Irre: aber sie verirren sich nicht." Ist der Holzweg nun ein Irrweg, oder nicht? Auf jeden Fall ist er kein unnützer Weg – er dient ja einem Zweck, dem Transport von Holz. Und sprachgeschichtlich war der Holzweg, bevor er in mittelalterlichen Traktaten dem Pfad der Tugend entgegengesetzt wurde, schlicht ein unausgebauter Weg. Diesen einer gut ausgebauten, ebenen Straße vorzuziehen kann auch bedeuten, dass man die Herausforderung sucht und bereit ist Eindrücke und Anregungen zu empfangen, welche denen entgehen, die ihrem Navi folgend die Autobahn entlang rasen … Eine bestimmte Semiotik (die strukturalistische) war ein „Weg“ – ein Forschungsprogramm – der älteren, linguistisch orientierten Translationstheorie, der mit dem cultural turn verlassen wurde. So blieb er als „Holzweg“ zurück – als nicht-ausgebauter Pfad der Translationstheorie. Im Vortrag soll gezeigt werden, dass es durchaus gewinnbringend sein könnte, diesen Weg erneut einzuschlagen; und dass sein ‚kultursemiotischer‘ (d.h. poststrukturalistischer) Ausbau der neueren Translationstheorie etwas zu bieten hätte: ein Angebot für die Konzeptualisierung von Auffassungen des Übersetzens nach dem cultural turn.