16:30 Uhr
Übersetzungsprozesse in Anna Seghers' "Karibische Geschichten"
Herbert Uerlings (Universität Trier)
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Autor:in:
Herbert Uerlings (Universität Trier)
Anna Seghers‘ zwischen 1948 und 1960 entstandene Karibische Geschichten (1962) sind das Ergebnis vielfältiger Übersetzungsprozesse. Den Dreh- und Angelpunkt bildet die ‚Translatio‘ sehr unterschiedlicher Erfahrungen in und aus sehr heterogenen Erfahrungsräum(n).
Der Antifaschismus der 1920er und 1930er Jahre und des Exils mit seinen klaren Frontstellungen, die letztlich in die Alternative „Hitler oder Stalin?“ gipfelten, geriet angesichts der Enthüllungen der stalinistischen Verbrechen und Schauprozesse in eine tiefe Krise. Der antisemitische Charakter der Kommunistenverfolgungen in der Sowjetunion und der jungen DDR, denen auch enge ehemalige Weggefährten zum Opfer fielen, verschärften die mit der Rückkehr der Jüdin ins Land der Täter verbundenen Probleme zusätzlich. Hinzu kamen die Widersprüche, Ängste, Einsamkeit und der Schock, den die Begegnung mit dem völlig zerstörten Land und den vielfach nicht weniger zerstörten Menschen auslöste. Eigenem Bekunden nach geriet sie in eine „Eiszeit“. Ihre literarische (und politische) Antwort auf diese Krise sind die Karibischen Geschichten, mit denen sie am historischen Beispiel der Französischen Revolution und ihrer Auswirkungen in der Karibik eine Bezugsebene zur Gegenwart der jungen DDR schuf. Der Vortrag geht der Frage nach, inwieweit dabei aktuelle Erfahrungen in Bilder der Geschichte übersetzt werden und umgekehrt –und inwieweit es sich dabei um ‚gelungene‘, aufschlussreiche oder angemessene, Übersetzungsprozesse handelt oder nicht.
17:15 Uhr
Zur transkulturellen Thematik in ausgewählten rollenbezogenen autobiographischen Schriften Heinrich Heines
Erkki Hollo (Universität Helsinki)
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Erkki Hollo (Universität Helsinki)
Heine erscheint in mehreren kulturellen ‚Rollen‘. Eine davon war seine Bindung an das Judentum mit den damit verbundenen Auseinandersetzungen in der Diasporafrage, eine weitere das Wirken von Paris aus als Berichterstatter für das deutsche Publikum und umgekehrt für das französische über Deutschland, drittens noch die poetische Umsetzung seiner gesellschaftlichen und religiösen Vorstellungen in zwei Sprachkulturen. Hinzu kommt seine vielseitige Tätigkeit als Kunstkritiker und philosophischer Denker. Konkret geht es im Referat um das kulturelle und soziale Fremdsein. Fremdsein wurde zwar weithin poetisch romantisiert, aber hinzu kommt mit der Zeit die soziale Realität, das beteiligte Ich, im Spannungsfeld zwischen Realismus und Radikalismus verschiedener Art. Heine nahm Abstand vom Nationalismus, beschrieb aber die deutsche Sprache als seine Heimat, obwohl er vieles auf Französisch veröffentlichte, was wiederum bei ihm die beiden Sprachen sowohl inhaltlich als auch sprachlich verband. Einiges wurde auch zweisprachig herausgegeben, wobei er beim Übersetzen mitgewirkt haben dürfte. Im Referat werden die kulturellen Positionen anhand von einigen Textauszügen aus dem Schrifttum Heines beschrieben und als Beispiele für eine mögliche Transkulturalität innerhalb der Restaurationszeit dargelegt. Diese erfassen vor allem Texte, die Heine einerseits an Deutschland, andererseits an Frankreich zur gegenseitigen Beleuchtung der kulturellen Eigenschaften dieser Nationen richtete.