In den letzten Jahren habe ich wiederholt Goethes "Heidenröslein" und die sieben (!) Übersetzungen ins Finnische aus den Jahren 1869, 1884, 1916, 1928, 1954, 1957, 1969 als "Einstieg" in literaturwissenschaftlichen Einführungsveranstaltungen im Fach Germanistik an der Universität Helsinki verwendet.
In meinem Beitrag soll darauf aufbauend vorgestellt werden, welches Potential das Gedicht, seine Entstehungsgeschichte, die zahlreichen musikalischen und künstlerischen Adaptionen und nicht zuletzt die Übersetzungen für einen, inter- und transkulturell orientierten, universitären Literaturunterricht haben. Dabei wird besonders darauf geachtet, wie ambivalente Passagen, aber auch einerseits kulturspezifische und andererseits auf Ovids Metamorphosen zurück gehende kulturübergreifende Themen und Motive des Gedichts übersetzt wurden und zu welchen Interpretationen die Studierenden kommen.
Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen ausgewählte Übersetzungen der Werke von Johann Wolfgang von Goethe. Diese Übersetzungen werden im Hinblick auf Goethes eigene Theorien zur Übersetzung, aber auch auf die Aneignung seiner Werke durch die isländischen Übersetzer untersucht.
Die wichtigsten Übersetzer von Goethe im Isländischen gehören mehrheitlich zu den in der isländischen Literaturgeschichte so genannten „Nationaldichtern“, die die Übersetzung seiner Gedichte als enorme Herausforderung ansahen und danach strebten, einen der größten deutschen Dichter in isländischer Tracht vorzustellen. Gewiss mag dies auch als ein Versuch gesehen werden, sich mit dem berühmten Goethe gleichzustellen.
Die Analyse der Übersetzungen erfolgt aus metrischer, poetologischer und ideologischer Perspektive und betrachtet insbesondere, wie die isländischen Übersetzer von Goethes Texten mit aller Kraft darum ringen, diese in das isländische ‚System‘ einzufügen.