13:15 Uhr
Smartphones bei der Arbeit? Neue Möglichkeiten des Wissensaustauschs und des Lernens
Timo Kortsch, TU Braunschweig
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Autor:innen:
Timo Kortsch, TU Braunschweig
Hilko Paulsen
Simone Kauffeld, TU Braunschweig
Fragestellung:
Die zunehmende Digitalisierung stellt Unternehmen und Mitarbeiter vor neue Herausforderungen und erfordert neue Kompetenzen (Noe et al., 2014). Gleichzeitig bieten digitale Geräte wie Smartphones neue Möglichkeiten der Wissensbeschaffung und des -austauschs. Darüber hinaus können Smartphones als persönliche Lernumgebung auch individuelle Lernprozesse begünstigen (z. B. Dabbagh & Kitsantas, 2012). Daher bieten Smartphones in Unternehmen mit verteilt arbeitenden Beschäftigten besondere Chancen. Während positive Effekte des mobilen Lernens in formeller Bildung bereits nachgewiesen sind (z. B. Hwang & Wu, 2014), ist bisher wenig über die selbst initiierte Smartphone-Nutzung (SN) als Hilfsmittel und zum Austausch bei der Arbeit bekannt.
Untersuchungsdesign:
In einer Fragebogenstudie wurden N=330 Beschäftigte aus Handwerksbetrieben aus vier vom technologischen Wandel besonders betroffenen Gewerken (Elektro, Sanitär-Heizung-Klima, Metall, Kfz) befragt.
Ergebnisse:
Die SN ist bei 45 % der Befragten manchmal bis sehr oft fester Bestandteil der Arbeit. Dabei wurde von 90 % der Befragten das private Smartphone eingesetzt, insbesondere die Kamerafunktion und als Zugang zum Internet. Unterschiede der SN zeigten sich zwischen den Gewerken, Beschäftigte aus Gewerken mit hohem Außendienst-Anteil nutzten ihre Smartphones signifikant häufiger als andere. Positiv auf die SN wirkten sich Feedback zur Arbeitsleistung und Unterstützung durch Kollegen aus. Außerdem beeinflusste die Wichtigkeit der Arbeitstätigkeit die SN positiv.
Limitationen:
Auf Grund des Querschnittdesigns sind keine Kausalschlüsse möglich.
Theoretische/Praktische Implikationen:
Die SN zur Optimierung der Arbeit wird bisher vor allem durch die Beschäftigten initiiert, was auf die Nutzung im Rahmen informeller Lernaktivitäten hindeutet. Die SN kann durch eine kollegiale Unterstützungs- und Feedbackkultur gefördert werden.
Relevanz/Beitrag:
Die Studie liefert erste Einblicke in den Einsatz von Smartphones bei der Arbeit als Hilfsmittel und Lernumgebung.
13:35 Uhr
Gestresst – Trainiert – Gecoacht – Bewältigt? Wirkungen von Stressbewältigung2.0 durch Blended-Training
Gerlind Pracht, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
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Autor:in:
Gerlind Pracht, Arbeitsbereich Arbeits- und Organisationspsychologie, FernUniversität in Hagen
Fragestellung: Empirisch zeigen sich meist kleine bis mittlere Effekte für multimodale Stressbewältigungstrainings auf stressbezogene Konstrukte. Weitere Studien berichten kleine positive Effekte für Online-Stessmanagement-Interventionen, die im Trend sind, jedoch selten summativ evaluiert. Diese Arbeit untersucht die Wirkung eines Blended-Trainings, das zwei Tage Live-Training mit acht Wochen virtuellem Coaching verbindet.
Untersuchungsdesign: 46 Probandinnen, mehrfach belastet durch Familie, Beruf und Studium, nahmen in einer experimentellen Anordnung an einer der folgenden Bedingungen teil: (1) Präsenztraining und anschließendes Online-Coaching: Blended Training, (2) Präsenztraining und (3) Wartekontrollgruppe. Die Online-Datenerhebung zu selbstberichteten stressbezogenen Variablen (TICS, SVF78, FIE, SRS, EWL) und Studienleistungen erfolgte über sechs Monate in einem 3x4faktoriellen Design.
Ergebnisse: Es zeigten sich nach drei und sechs Monaten erwartete positive Wirkungen auf Stresserleben, Stressbewältigung, Kognition, Stressreaktivität und Befinden, sowohl für Bedingung 1 (η² = .08 bis η² = .47) als auch Bedingung 2 (η² = .07 bis η² = .20), die vor allem für die Erste auch nach sechs Monaten stabil blieben.
Limitationen: Einschränkungen der internen Validität bestehen aufgrund kleiner Stichprobe und nur im Selbstbericht erhobener Konstrukte. Die Befunde sind nicht auf Männer zu generalisieren.
Praktische Implikationen: Allein das Training ist eine wirksame Intervention, da sich Stressreaktivität, Coping und Befinden verbessern. Der Gewinn der Online-Intervention liegt in langfristig positiven Einflüssen auf die (mentale) Stressbewältigung. Die Kombination aus Live- und Online-Intervention erscheint am sinnvollsten.
Relevanz: Die Arbeit leistet neben der praktischen Konzeption zu Stressmanagement-Interventionen unter Beachtung neuer Medien einen Beitrag zur systematischen Durchführung einer summativen Evaluation mit experimentellem Design im Feld.
13:55 Uhr
Karriere-Eltern - wichtige Potentialträger fördern und binden
Uta Bronner, Hochschule für Technik Stuttgart
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Autor:innen:
Uta Bronner, Hochschule für Technik Stuttgart
Jördis Hollnagel
Patrick Müller, Hochschule für Technik Stuttgart
Fragestellung:
Deutsche Unternehmen bemühen sich zunehmend flexiblere und stärker am Ergebnis orientierte Arbeitsmodelle einzuführen. Einer wachsenden Gruppe von hochqualifizierten Potenzialträgern kommt diese Entwicklung besonders zugute: den Karriere-Eltern. Diese sind Mitarbeiter, die eine hohe berufliche Verantwortung als Fach- und Führungskräfte übernehmen, zugleich aber auf ihre "aktive Elternrolle" im Familienalltag nicht verzichten. Die vorliegende Studie befasst sich mit der Frage, welche Rahmenbedingungen Unternehmen setzen müssen, um das Potenzial von Karriere-Eltern gezielt zu nutzen.
Untersuchungsdesign:
656 Karriereväter und -mütter wurden in einer Onlinebefragung zu ihrer Einschätzungen hinsichtlich hilfreicher unternehmensseitiger Unterstützungsangebote befragt.
Ergebnisse und Limitationen:
Es zeigt sich, dass Flexibilisierungsmodellen und Angeboten zur Nutzung mobiler Medien von Karriere-Eltern bei weitem die größte Bedeutung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beigemessen wird. Diese Faktoren spielen zudem die zentrale Rolle für einen Arbeitgeberwechsel und für die persönliche Bewältigung der Doppelbelastung.
Einschränkend muss erwähnt werden, dass zu dreiviertel Karrieremütter an der Befragung teilnahmen. Hier wäre wünschenswert in Zukunft mehr Karriereväter zu befragen.
Praktische Implikationen und Relevanz des Beitrags:
Die Studie zeigt auf, dass für Unternehmen hinsichtlich der Unterstützungsangebote Handlungsbedarf besteht. Neben einem weiteren Ausbau der zeitlichen und räumlichen Flexibilisierungsoptionen sollten firmenintern Arbeitnehmern intelligente mobile Medienangebote zur Verfügung gestellt werden, um bei zunehmendem Fachkräftemangel die Potentialträger „Karriere-Eltern“ binden zu können.
14:15 Uhr
Erfolgsfaktoren einer Führung auf Distanz - Eine Interviewstudie zu den Wirkmechanismen einer medial vermittelten Führung
Sabine Remdisch, Leuphana Universität Lüneburg
Lutz Schumacher
Christian Otto, Leuphana Universität Lüneburg
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Autor:innen:
Sabine Remdisch, Leuphana Universität Lüneburg
Lutz Schumacher
Christian Otto, Leuphana Universität Lüneburg
Fragestellung
Zahlreiche Arbeitsteams sind räumlich oder zeitlich verteilt und arbeiten virtuell zusammen. Daher gilt es zu beantworten, welche Herausforderungen eine Führung auf Distanz für die Führungskraft mit sich bringt und welche Art von Persönlichkeitseigenschaften, Kompetenzen und Medieneinsatz nötig sind, um Mitarbeiter erfolgreich zu führen.
Untersuchungsdesign
Als Erhebungsmethode wurden leitfadengestützte Interviews ausgewählt. In einer systematisch gezogenen Stichprobe wurden 15 mittelständische und 13 große Unternehmen in die Studie einbezogen. Von Februar bis September 2014 wurden 46 Führungskräfte und 25 Mitarbeiter befragt. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch durch zwei unabhängige Forscher ausgewertet.
Ergebnisse
Erste Auswertungen zeigen, dass die Ausgestaltung der Führung auf Distanz einerseits von den Merkmalen der Führungskraft und der Mitarbeiter abhängt und andererseits durch die Unternehmenskultur und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen beeinflusst wird. Die Analysen belegen, dass der Erfolg der Führung auf Distanz davon bestimmt wird, dass die Führungskraft eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Mitarbeitern aufbaut, ihnen die relevanten Informationen liefert und eine klare Orientierung gibt (Kohäsions- und Lokomotionsfunktion).
Limitationen
Die Studie hat explorativen Charakter. Die Ergebnisse müssen zukünftig an repräsentativen Stichproben validiert werden.
Theoretische/Prakt. Implikationen
Die Studie zeigt, dass Führungskräfte, die auf Distanz führen, ein besonderes Kompetenzprofil aufweisen sollten. Dieses Profil muss sowohl bei der Auswahl als auch bei der beruflichen Qualifizierung dieser Führungskräfte berücksichtigt werden. In der weiteren Forschung müssten der Einfluss verschiedener Kulturkreise und Generationenunterschiede näher untersucht werden.
Relevanz/Beitrag
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dezentralisierung und Digitalisierung von Arbeit gewinnt die medienvermittelte Führung auf Distanz an Bedeutung. Mit neuen Erkenntnissen über die Wirkweisen dieser Führungssituation lassen sich betriebliche Prozesse effektiver gestalten.
14:35 Uhr
Differentielle Wirkungen eines Arbeits-Coping- und eines Freizeit-orientierten Gruppenprogramms für Arbeitsplatzängste – Ergebnisse einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie
Beate Muschalla, Universität Potsdam
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Autor:innen:
Beate Muschalla, Universität Potsdam
Doris Fay, Universität Potsdam
Michael Jöbges, Brandenburgklinik Bernau
Michael Linden
Fragestellung
Arbeitsplatzängste sind in besonderer Weise mit Arbeitsunfähigkeit assoziiert und verursachen damit sowohl für Unternehmen als auch für die Berufsbiographie der Betroffenen hohe Kosten. In diesem Projekt wurde erstmalig im Rahmen einer dreiwöchigen stationären Rehabilitation ein „Arbeitsangst-Coping“-Gruppenprogramm evaluiert.
Untersuchungsdesign
Im randomisierten Kontrollgruppendesign wurde an 347 Teilnehmern geprüft, ob eine kurze (durchschnittlich vier Sitzungen) coping- und expositionsorientierte Verhaltenstherapie-Gruppenintervention zu einer kürzeren Arbeitsunfähigkeitsdauer nach einer somatomedizinischen Rehabilitation führen als eine ablenkungsorientierte „Freizeitgruppe“.
Ergebnisse
Im Ergebnis kam es mit der Arbeits-Angst-Coping-Gruppe nicht zu einer statistisch signifikanten Reduktion der Arbeitsunfähigkeitsdauer nach der stationären Rehabilitation im Vergleich zur Freizeitgruppe. Bei längerer Interventionsdauer (sechs Gruppen-Sitzungen statt vier) zeigte sich eine gegenläufige Entwicklung der beiden Gruppen hinsichtlich des arbeitsbezogenen Copingerlebens: Die Arbeitsangst-Coping-Gruppe gewann an Zuversicht hinsichtlich ihrer Copingfähigkeiten, während die Teilnehmer der Freizeitgruppe ihre Copingfähigkeiten mit zunehmender Interventionsdauer geringer einschätzten.
Limitationen
Zukünftige Forschung sollte überprüfen,
a) ob sich bei längerer Interventionsdauer (Dosiseffekt) auch signifikante Verbesserungen mit einer Arbeits-Angst-Coping-Intervention zeigen,
b) ob unterstützende Maßnahmen vom Arbeitsplatz aus hinsichtlich einer baldigen Wiedereingliederung effektiv sind.
Theoretische / Praktische Implikationen
Eine Konfrontation mit arbeitsbezogener Rückkehr und arbeitsbezogenem Fähigkeitentraining erscheint im Rahmen einer Rehabilitation nützlich, um einem Copingverlust entgegenzuwirken.
Relevanz / Beitrag
Bei Gesundheitsproblemen die mit Arbeitsängsten einhergehen können Frühinterventionen mit Arbeitsbezug eher von Nutzen sein als eine bloße Wohlbefindensorientierung, da Letztere ggf. sogar eher angstbedingte Vermeidungstendenzen verstärkt.