Autor:innen:
Gerhard Blickle, Uni Bonn
Nora Schütte, Uni Bonn
Julia John, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Fragestellung:
Man hat Psychopathen als Schlangen im Nadelstreif bezeichnet (Babiak & Hare, 2006). Sie wurden als charmant, gerissen, skrupellos und gefährlich klassifiziert (Dutton, 2012). Manche sollen erfolgreiche Manager, Ärzte und Politiker sein (Cleckley, 1988). Aber gibt es überhaupt erfolgreiche Psychopathen (Hall & Benning, 2006)?
Forschungsstand:
Vor dem Hintergrund der forensischen Literatur (Hall & Benning, 2006) sowie der sozioanalytischen Persönlichkeitstheorie (Hogan & Blickle, 2013) leiten wir ein Konzept der beruflich erfolgreich psychopathischen Persönlichkeit her: Fehlen von Kriminalität, Überwiegen von furchtloser Dominanz gegenüber egozentrischer Impulsivität, eine überdurchschnittliche Ausprägung sozialer Fertigkeiten als kompensatorischer Mechanismus sowie eine mittlere, aber keine hohe Ausprägung psychopatischer Persönlichkeitsdispositionen in geeigneten Berufen.
Neue Perspektiven/Beitrag:
Außer einzelnen Fallstudien gibt es dazu kaum empirische Literatur. In der ersten Studie wurden 161 berufstätige Zielpersonen, die die Fragen des PPI – R (Alpers & Eisenbarth, 2008) und PSI (Ferris et al., 2005) beantwortet hatten und von Kollegen und Vorgesetzten in Bezug auf das kontraproduktive Verhalten am Arbeitsplatz sowie ihre adaptive Leistung eingeschätzt wurden, untersucht. In der zweiten Studie (N = 152) prüften wir prospektiv (zwischen 6 und 36 Monaten) an Hand objektiver Leistungsdaten, ob in Verkaufstätigkeiten ein umgekehrt u-förmiger Zusammenhang zwischen psychopatischen Persönlichkeitsdispositionen und objektiven Verkaufszahlen vorliegt.
Theoretische/Praktische Implikationen:
Die Befunde bestätigen, dass sich kompensatorische Mechanismen (political skill) sowie mittlere Ausprägungen furchtloser Dominanz identifizieren lassen, die Personen mit psychopathischen Persönlichkeitsdispositionen beruflich erfolgreich machen. Wir diskutieren protektive praktische Rahmenbedingungen sowie weitere kompensatorische Mechanismen, die Personen mit psychopathischen Dispositionen beruflich erfolgreich machen können.